Mittwoch, 3. August 2005

Standbein

Ich gehe zum Fussball, weil es mir etwas bedeutet. Ich spiele es, weil es Spaß macht und mir ein gutes Gefühl gibt. Heute haben wir die alten Herren von Kühlungsborn mit 6:0 bezwungen. Doch ich sitze nicht mit nem guten Gefühl zu Hause, im Gegenteil, ich ärger mich. Meine erste Ballberührung im Spiel war die Flanken-Vorlage zum 1:0. Da war meine kleine Fussballwelt noch in Ordnung. Doch wenn wir ein Spiel dominieren, dann drehen ein paar Leute im Team total ab. Sie nehmen den Ball an, senken den Kopf und rennen in den nächst besten Gegner. Egoismus vom Feinsten. Ich habe es irgendwann aufgegeben, zu zählen, wie oft ich umsonst den Platz von Hinten nach Vorne und zurück durchgelaufen bin, freistehend, wild winkend, übersehen. In der Halbzeit versagt meine Stimme, weil ich sie zu oft zum Rufen missbraucht habe. Irgendwo schnappe ich ein "...spiel doch mal links raus, Benni steht doch die ganze Zeit.." auf - ich liege also nicht ganz falsch, doch es ändert sich nichts. In der Halbzeit bin ich der erste, der Ausgewechselt wird. Ich überlege, ob ich mein Trikot zerreißen und irgend einen toten Gegenstand einfach umtreten soll. Weil ich das Trikot bezahlen müsste und um das ganze Spielfeld nichts außer einer halbbesetzten Bank steht, verwerfe ich den Plan und lasse ich mich vorerst auf diese fallen. Ich bin kein Typ, der oft heult. Ich meine, meine Augen werden nicht feucht, wenn ich ne traurige Filmszene sehe, oder so. Aber so nah wie in diesem Moment war ich den Tränen noch nie. Doch meine Wut verengt meine Augen zu schlitzen, so dass ich mir gar keine Sorgen machen muss. Wo ist der Teamgeist, wenn sich die Leute mit Ball statt für den sicheren Pass dafür entscheiden, in den Gegner zu laufen... Hinterher dusche ich nicht, um den Schweiß loszuwerden. Ich dusche, weil ich den Ärger wegwaschen will. Aber es klappt nicht. So macht mir Fussball keinen Spaß. Und weil das nicht das erste Mal ist, geh' ich dort nie wieder hin.
Und plötzlich ist der Wunsch wieder da, weg zu sein. Zelte abbrechen, in eine neue alte Stadt, wo vielleicht alles anders ist; wahrscheinlich aber auch nicht.
Da verzieh' ich mich lieber in meine kleine Insel-Welt, schlürfe meinen Anti-Depressiva-Milchshake und träum davon, das mir mal wieder jemand den Rücken kratzt.

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east across the bridge

The diary of BenniP - part II

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